Was kann ein Kind, das in seinen ersten Lebensjahren vernachlässigt wurde, später aufholen?
Die Meinungen gehen da auseinander, vor allem, was emotionale Defizite angeht. Wenn ein Kind geschlagen oder missbraucht wurde, dauert es oft sehr lange und es bedarf absoluter Sicherheit, bis es überhaupt darüber spricht. Manches bricht auch erst in der Pubertät richtig raus. Man kann den Kindern durch Liebe, Bestätigung und geeignete Therapien helfen, aber dennoch wird so ein Erlebnis Zeit ihres Lebens ein Thema für sie bleiben.
Anders bei den motorischen oder sprachlichen Defiziten, da kann richtige Förderung eine Menge bewirken – Mario ist das beste Beispiel dafür. Er hat, seit er bei uns lebt, extrem viel dazugelernt, man sieht es an vielen Kleinigkeiten: Kontinuierlich hat sich sein Wortschatz erweitert, nachdem er ja anfangs gar nicht gesprochen hatte („Mittags um 12“). Er wendet inzwischen auch die Vergangenheitsform an und spricht von sich als „Ich“. Motorisch wird er ebenfalls immer geschickter, klettert auf jedes Gerüst, hält den Stift richtig und fängt an, Begrenzungen in seinem Malbuch einzuhalten.
Bei all den Fortschritten finde ich es nur normal, dass andere Dinge noch nicht so klappen. Gerade eben versuchen wir wieder ohne Windel klarzukommen. Vor den Sommerferien ging das ja schon mal ganz gut, aber dann hat Mario einen ziemlichen Rückschritt gemacht. Nun probieren wir es also wieder, an manchen Tagen erfolgreich, Mario sagt immer öfter Bescheid, wenn er aufs Töpfchen muss. Dass er das spürt, ist für mich ein deutlicher Fortschritt, auch, wenn es manchmal schon zu spät ist. Tja, und an anderen Tagen piselt er gleich mehrmals hintereinander in die Hose. Da fällt viel Wäsche an. Aber ich möchte ihn auf keinen Fall unter Druck setzen – wenn es noch nicht geht, nehmen wir eben noch mal für eine Weile die Windeln.
Kastanienwald
Was uns allen immer wieder gut tut und die Kinder auf vielerlei Art fördert, ohne dass es ihnen überhaupt auffällt, sind unsere Bastelnachmittage. Ich finde das Basteln selbst unglaublich beruhigend und den Kindern tut es spürbar gut, gemeinsam in vertrauter Atmosphäre etwas zu gestalten. Auch dabei wird natürlich die Motorik gefördert und es gibt ihnen Selbstvertrauen, wenn ich zum Beispiel zu den Großen sage, dass sie die Heißklebepistole oder die Laubsäge benutzen dürfen. Täglich bringen die Kinder zurzeit Eicheln, Kastanien oder bunte Blätter mit nach Hause. Daraus wollen wir in dieser Woche einen Wald bauen: Wir nehmen einen Pappkarton, malen ihn an und gestalten mit Moos, Blättern und Ästen die Bäume. Aus den Kastanien und Eicheln machen wir dann mit Hilfe der Zahnstocher die Waldbewohner: Rehe, Wildschweine, Igel…. Mit den beiden Kleinen möchte ich Obst aus Papier basteln. Ich nehme einen großen Bogen Papier und schneide jeweils doppelt Äpfel, Birnen und Karotten aus, die die Kinder mit Wasserfarben anmalen. Zu einem Stück Obst gehören eine Vorder- und eine Rückseite, dazwischen kleben wir Watte oder Zeitungspapier und hängen es dann am Silikonfaden ins Fenster.
Ich bin sicher, die Beiden werden furchtbar stolz sein!
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