Der Tag war da: Ein kleiner Junge und eine sehr angespannte Mutter sind morgens um fünf aufgestanden und nach Salzburg in die Klinik gefahren. Mario sollte endlich seine kaputten Zähne gezogen bekommen. Ich war auf alles gefasst: Panik oder Aggression. Mario war, bevor er zu uns kam, schon einmal für längere Zeit im Krankenhaus gewesen, und ich hatte keine Ahnung, was die Erinnerung daran bei ihm auslösen würde. Und nun stand er da, lächelnd und vertrauensvoll, solange ich nur an seiner Seite war. Wir hatten seinen Arztkoffer mitgenommen und er machte gleich Gebrauch davon, untersuchte erst mich und dann eine Krankenschwester und war bald der Mittelpunkt des Krankenhauses. Anschließend bekam er ein Beruhigungsmittel, von dem fast alle Kinder einschlafen – nur nicht Mario. Er wehrte sich bis zum Schluss dagegen. Ich habe mich dann zu ihm ins Bett gelegt, und er hat die Narkose bekommen.
Es war grauenhaft, ihn so daliegen zu sehen, aber die Operation ist gut verlaufen. Wir wussten ja schon, dass Mario einige Zähne gezogen bekommen müsste, weil sie durch die frühere schlechte Ernährung verfault und teilweise eitrig waren. Nun sind bis auf die wichtigen Platzhalter die meisten Zähne draußen.
Mario hat alles gut überstanden, war auch nach der Operation sehr fröhlich. Nur am Abend, als das Schmerzmittel nachließ, hat er plötzlich sehr extrem reagiert und mit dem Kopf gegen eine Kiste geschlagen. Ich habe ihm dann noch mal etwas gegen die Schmerzen gegeben und es ging ihm schnell wieder besser. Bald darauf merkte man schon, wie erleichternd es für ihn war, nun endlich von diesem dauerhaften Entzündungsherd befreit zu sein.
Nach diesem Ereignis war alles andere halb so wild, auch, wenn die Woche dicht gefüllt war: Sebastian wollte unbedingt, dass ich ihn zum Fußball-Turnier begleite, Jacqueline mit mir Kuchen backen und Dennis hat mich gebeten, doch bitte an seinem Schulausflug teilzunehmen.
Das Fußballturnier habe ich schon hinter mir. Wir Mütter mussten sogar selber spielen – und haben uns richtig ins Zeug gelegt. Mit dem Kuchen, das sehe ich gelassen: Jacqueline geht zwar ständig mit ihrer Schüssel in den Garten, um Himbeeren und Johannisbeeren zu pflücken, aber sie bringt nie mehr als ein paar Beeren mit – offenbar schmecken sie frisch vom Strauch doch am besten… Nur mit Dennis Schulausflug, das wird terminlich nicht klappen, das holen wir dann nach. In den letzten zwei Wochen vor den Ferien finden ohnehin noch einige Ausflüge statt. Für meine Kinder ist es wichtig, dass ihre Mitschüler sehen: Da ist jemand, der sich um sie kümmert, auch, wenn es nicht die leiblichen Eltern sind; Dennis zum Beispiel ist früher das eine oder andere Mal schräg angeredet worden, weil er im Kinderdorf lebt, aber das hat sich gelegt, seit ich versuche, regelmäßig in der Schule aufzutauchen. Ich habe es mir auch zur Regel gemacht, bei jedem der Kinder mindestens einmal im Jahr einen Wandertag zu begleiten – und wenn man dann noch als Mutter einen Spruch macht, gilt man geschwind als ziemlich cool. Das findet Dennis natürlich am allerbesten.
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