Basteln Sie? Wir basteln ständig, wirklich: so oft es geht. Lieber lasse ich mal die Wäsche Wäsche sein. Es sind die Bastelstunden, in denen mir die Kinder von schlechten Schulnoten erzählen und lang gehütete Geheimnisse verraten.
In dieser Woche habe ich bereits mit den Kleinen Blumen aus buntem Papier ausgeschnitten, die wir ins Küchenfenster gehängt haben. Das war der Beginn unserer Osterbastelei. An einem anderen Tag hat jedes Kind im Garten seine Holzkiste bepflanzt: mit Radieschen, Schnittlauch, Sonnenblumen, und die Großen haben Briefe für ihre Paten beklebt. Gestern Nachmittag war ich müde und wollte den Kindern vorschlagen, ausnahmsweise das Basteln ausfallen zu lassen, aber natürlich kam ich nicht damit durch. „Bitte, bitte, Mutti…“ Nur Sebastian, mein leiblicher Sohn, sagt Mama zu mir, die anderen haben ja alle eine andere Mama, die sie, wenn es geht, regelmäßig sehen. Also bin ich für sie die Mutti.
Wir haben dann Stroh vom Bauern geholt und Hühner daraus gebastelt (Anleitung steht unten), und wie immer merkte ich sofort, wie entspannend die Arbeit mit den Händen war. Ich weiß nicht mehr, wie wir darauf kamen, aber irgendwann begann Dennis, mein Ältester, aus der Zeit mit seinen Eltern zu erzählen. Es war keine schöne Erinnerung, und es wäre ihm sicher nicht recht, wenn ich hier darüber schreiben würde. Aber was ich sagen kann: Ich habe Dennis danach wieder ein bisschen besser verstanden; warum er so schwer Regeln akzeptieren kann, sich manchmal in der Schule verweigert oder aggressiv wird.
Dennis und seine Schwester Jacqueline kamen zu mir, als sie 6 und 5 Jahre alt waren. Ich war damals noch in der Ausbildung und wohnte mit meinem Partner Erwin und meinem leiblichen Sohn Sebastian in einer kleinen Wohnung. An den Wochenenden nahm ich die Geschwister, die damals im Heim untergebracht waren, bereits regelmäßig zu mir. Die Beiden hatten ständig Angst, dass ich nicht wiederkommen würde. Immer wieder besuchten wir gemeinsam unser Haus im Kinderdorf, das gerade hergerichtet wurde. Wir suchten Vorhänge aus, die Kinder ihre eigene Bettwäsche – so etwas kannten sie gar nicht. Dann zogen wir ein. Ich weiß noch, dass ich in der ersten Nacht bei jedem Geräusch aufgesprungen bin.
Dennis war damals nur brav, immer freundlich. Erst, als er sich wirklich sicher fühlte, ließ er seine Wut raus und fing auch an, mich zu beschimpfen. Ich musste erst verstehen, dass das ein Kompliment war, ein Vertrauensbeweis. Er hatte viel Ablehnung in den ersten Jahren erfahren, manche Menschen sind ein Leben lang damit beschäftigt, so etwas zu verarbeiten. Ich bin optimistisch: Dennis ist nicht mehr ganz so zornig, langsam wächst sein Selbstbewusstsein. Am schwierigsten ist es für ihn, wenn ich mal nicht da bin, aber hin und wieder muss ich einfach mal ein paar Tage ausspannen. Jetzt am Wochenende wird es wieder so weit sein und wie immer freue ich mich und bin zugleich angespannt. Nächste Woche erzähle ich, ob alles gut gegangen ist.
Bastelanleitung für Strohhühner:
Ich zeichne ein Huhn auf Papier, schneide es aus, und übertrage es auf festen Karton. Pro Kind ein Huhn. Mit einem Blumendraht wickeln wir Stroh oder Heu um den Körper des Papphuhns, den Schnabel und die Füße umwickeln wir mit orangefarbenem Bast. Aus dem Bastelgeschäft besorge ich Wackelaugen, die wir dem Huhn aufkleben. Manchmal stecken wir noch ein paar echte Federn als Schwanz hinein. Die Hühner setzen wir anschließend in ein Nest aus Heu oder Stroh oder wir hängen sie an einem Faden auf.
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